Gebirge

Die Tatsache, dass sie sich vor einem wärmenden Feuer mit Mantel befand, schien Ketsumo nicht davon abzuhalten, ihr seinen Mantel zu geben, was sie zunächst einen fragenden Blick aufsetzen ließ. Erst wollte sie ihn auf die Unnötigkeit darauf hinweisen, bis ihr in den Sinn kam: Irgendwie ist das süß. Sie zuckte mit den Schultern und rückte den neuen Mantel zurecht. Irgendwie wollte sie gerade nicht die Situation durcheinanderbringen und den Mantel ablegen, also spielte sie einfach mit und antwortete ehrlich: "Ähm....d-danke... Nein, eine tüte hab ich nicht und danke auch für das Feuer... Wir können sie ja irgendwie in meinem Mantel verstauen, das wird schon irgendwie gehen"
Seltsamerweise wurde sie gerade etwas unsicher und fühlte, wie von außen gerade wirklich eine leichte Kälte zwischen ihre Kleider kroch. Also zog sie sich den Mantel wirklich fester; ob das Einbildung war oder nicht, das vermochte sie nicht zu sagen. Sie zog ihren Rucksack an sich heran und zauberte irgendwann ein typisches Fertigessensangebot vor das Feuer. Dosennudeln, eingelegter Fisch, Obst und ein paar Würste fanden sich, die sogar mit ein paar Gewürzen verfeinert werden konnte. Und ein paar Naschereien inklusive drei kleiner Cola-Dosen, von der sie eine in seine Richtung rollen ließ. Sie reichte sie ihm nicht, da sie sonst den Mantel loslassen musste, also lächelte sie ihn entschädigend an und sagte: "Hier, sonst verdursten wir hier noch. Auch wenn du glaub ich einfach das Gebirge schmelzen lassen kannst, wenn du durstig bist, hm?", grinste sie und erinnerte sich noch einmal an den Moment, in dem er einfach so das Holz angezündet hatte. Feuermagie hatte sie noch nie gesehen. Wind, Wasser und daraus resultierend Eis waren ihre Elemente.

Er lächelte nur leicht. Zwar wusste er, dass er den Mantel wahrscheinlich in der Nacht vermissen würde, aber solange schaffte er es schon, sich warm zu halten indem er alle par minuten kleine stöße feuermagie durch seinen Körper jagte. Er nahm die Coladose auf und mit einem zischen lies er den aluminiumdeckel nach innen klappen und nahm dann ein paar große Schlucke aus der Dose. "Danke. Mhm... ich glaube schon, dass ich mich mit dem Schnee vom Trinken her durchschlagen könnte, auch mit dem Essen würde ich klarkommen, aber naja allein im Gebirge zu sein fände ich dann doch etwas öde." Erst jetzt bemerkte er, dass sie ganz normal mit ihm geredet hatte, ja sogar ziemlich nett zu sein schien was ihn wieder verwirrte. //erst ist sie wie eine irre, die man aus der Klapse freigelassen hat und nun wird sie richtig nett und sogar witzig, ich versteh dass nicht, ich glaube ich sollte so schnell wie möglich dieses Gebirge wieder verlassen und sie wohl auch, sonst zerbrech ich mir nur noch meinen Kopf darüber ob sie nun nett oder vollkommen durchgeknallt ist.//
Er wirkte etwas nachdenklich und so lies er seine Flöte wieder in die Hand wandern und spiele eine leise und betörende Melodie. Sie lockte keine Wesen an, welche hier lebten, jedenfalls keine, die er kannte und sie schien auf ihn immer etwas beruhigendes zu haben. Es war eine folge von tiefen tönen, welche kurz danach von schnellen etwas höheren abgelöst wurden nur um dann nach kurzer Zeit in ein Ziwschenspiel einzuleiten welches nach kurzer Zeit wieder zu den anderen beiden wechselte.
Seine Augen hatten sich wieder geschlossen und als er aufhörte zu spielen, merkte er, dass sein Kopf wieder klar, war und dass er jetzt wahrscheinlich nach dem Essen in Ruhe schlafen konnte. Ob sie nun verrückt war oder nicht spielte für ihn nun keine rolle mehr, er wollte nun nur noch essen und danach schlafen.

Wie sollte sie denn jetzt das bitte wieder verstehen? Allein im Gebirge fände er es öde? Shio verstand zwar, was er damit meinte, doch für einige Augenblicke glaubte sie wieder, dass dies so ein typischer Anmachversuch war. Froh zu sein, nicht allein hier herumreisen müssen, die Gesellschaft einer jungen Dame genießen. Doch diesmal - und wirklich zum ersten Mal - brachte sie diese innere Stimme zum Schweigen und nickte lächelnd.
"Hmm... stimmt, hier wäre es für mich allein auch ziehmlich langweilig... das heißt, das war es eigentlich, aber ich glaube, so wie du es verpasst, Mädchen wie mich aufzufangen, dann wird es ganz sicher nicht langweilig", behauptete sie freundlich und begann, eine der Würste zu grillen. Erst nahm sie diese in die Hand, holte einen spitzen Ast vom Feuerholz und stach ihn schnell hinein, bevor sie begann, die Mahlzeit zu grillen. Sie hatte etwas fester als beabsichtigt zugestochen. Vielleicht kam wieder ihre Vergangenheit hoch, die sie lieber für sich behielt. Und damit meinte sie keinen wahnsinnigen Großvater und eine fürsorgliche Mutter oder schnatternde Freundinnen, die einen von einer Ecke des Kaufhauses in die nächste schleiften. Das war zu normal und ihr Problem galt auch als peinlich gewöhnlich... allerdings konnten selbst kleine Erbsen einen Menschen erschlagen... es mussten nur genügend sein...
"Ähm... Wenn du willst, kann ich mich um die erste Wache kümmern. Ich glaube zwar nicht, dass hier irgendetwas unterwegs ist, was uns gefährlich werden kann, aber sicher ist sicher. Und außerdem hab ich mich schon vorhin ein wenig ausgeruht, du kannst also ruhig schlafen", schlug sie plötzlich vor. Das mit dem Ausruhen war gelogen. Sie fühlte sich nur unwohl, in seiner Gegenwart einzuschlafen. Die schärfsten Reißzähne sind harmlos, wenn das Maul des Tigers geschlossen ist, sagte ihr Großvater immer und an diesen Spruch hielt sie sich aus mehreren Gründen fest.

Er sah sie erst fragend an, da sie ihm vorgeschlagen hatte sich schlafen zu legen. //Die glaubt doch nicht echt, dass ich in ihrer Gegenwart schlafen kann?!? Neben einem normalen Mädchen zu sitzen, welches so süß ist wie sie, kein Problem aber neben einem Mädchen zu schlafen, welches verrückt war, auch wenn es süß ist.// Er schüttelte schenll den Kopf. "Verdammt reis dich zusammen!" fluchte er leise zu sich selbst, und merkte jetzt, dass seine Wangen sich wahrscheinlich gerötet haben. "Ähm, ich denke nciht, dass wir unbedingt eine wache brauchen und wenn doch, dann werde ich die nacht über aufpassen, ich kann keine nette Lady wie dich, nachdem ich dich schon nicht aufgefangen habe, auch noch um den Schlaf bringen und wenn ich wirklich müde werde, kann ich ja immer noch ein wenig herumziehen ums Lager und sehen ob sich nicht doch etwas anschleicht, aber ich werde sicherlich nicht hier schlafen, wenn du wachst."
Er wusste nicht ob sein letzter Satz nun beleidigend für sie rübergekommen war, zum einen meinte er es so, aber zum anderen wollte er es ihr nicht wirklich sagen, denn es gab wahrscheinlich nur ein schlimmeres, als neben einer irren zu liegen, neben einer irren zu liegen, welche dir sauer ist. Er stand auf und ging zu ihr hin und legte die Coladose neben sie. "Ich bedien mich einfach ja?" Sein Magen knurrte kurz und schnell holte er eine Wurst raus aus der Verpackung und konzentrierte sich. Seine Hand wurde kurz mit Feuer umspielt, ehe sie einfach nur noch warm blieb. Die wurst in seiner Hand dampfte und war schön gebraten. Schnell setzte er sich nun neben Shio und begann zu essen.

Shio legte den Kopf leicht schief und betrachtete ihn einige Zeit. Er sah etwas müde und erschöpft aus und trotzdem wollte er nicht einschlafen? Sie wollte vorerst aussprechen, ob er sie beleidigen wollte, doch sie war schlicht zu müde und gut gelaunt, um ihm wütend zu sein.
"Hmm na gut, dann bleiben wir eben beide wach", schlug sie lächelnd vor, um ja nicht in Verdacht zu erwecken, dass er etwas damit zu tun hatte, dass sie nicht in seiner Nähe einschlafen wollte. Noch einmal würde sie nicht so naiv sein. Lieber geschafft und aufpassen, als sich überrumpeln lassen und wissen, dass man es hätte verhindern können. Doch wie konnte sie sich von der lauernden Müdigkeit ablenken, die ihre Kreise um sie immer enger zog? Nachdenklich sah sie die Coladosen an, die noch übrig waren, nachdem er sich eine davon genommen hatte. Sie nickte und nahm dann eines der Getränke und öffnete es. Da kam ihr eine Idee. Sie konzentrierte sich auf die Dose, ließ ihre Magie durch die Flüssigkeit gleiten, bis sie die Kontrolle übernommen hatte.
"Hmm, du hast vielleicht eine Flöte, aber ich hab was besseres", grinste sie und schloss die Augen. Shio begann zu singen. Es war eine langsame und sanfte Melodie, die über das Lager schwebte. Aus der Dosenöffnung wand sich plötzlich eine schwarze Schlange; so sah es zumindest aus, denn aus Wasser konnte man die verschiedensten Formen machen. Die schlauchförmige Cola kringelte sich einige Male in der Luft, zog sogar einen Kreis um das Feuer, weit genug ohne zu verdampfen und schwebte zu Shios Mund, den sie leicht öffnete und damit auch den Gesang beendete. Sanft stupste die Schlange sie an, sie ließ sie ein bis zwei Zentimeter hineingleiten, ehe sie den Mund schloss und die Schlange weiterhin - allerdings einen Kopf kürzer - um sie herumschwebte.
"Hmm...ich bin eine gefürchtete Beschwörerin, sieh dich vor", zwinkerte sie ihn an und nahm immer wieder einen "Bissen" oder eher Schluck von der Schlange, wobei sie dazwischen immer ein wenig sang. Dabei hatte sie ihre Stimme durch die Windmagie ein wenig verändert. Kaum kamen die Töne zwischen ihren Lippen hervor, veränderte der Wind sie zu einem Echo, ließ sie ein wenig vibrieren und verlieh dem so etwas fast schon überirdisches.

Erstaunt darüber, dass sie nun ihn fragte, ob er noch einmal ein lied auf der Flöte spielen könnte, kam er gar nicht erst dazu, dass Musikinstrument an seine Lippen zu setzen, als auch schon ihr atemberaubender Gesang angefangen hatte. Ketsumo hatte mal von Sirenen gehört, welche angeblich seefahrer an riffe locken würden um sie dort zu töten, doch hier waren die Berge und kein Meer und deshalb lies er es einfach so wie es war und staunte nicht schlecht, als sie auf einmal eine Colaschlange "beschwor" und sie dann diese stück für stück trank.
Etwas verlegen sah er nach einigen Minuten weg, da er sie mit offenem Mund angestarrt hatte und das nicht wirklich nur wegen ihres Gesangs oder der Cola in der Luft. Er setzte seine Flöte an die Lippen und begleitete nun ihren Gesang mit sanften und langen hohen Tönen, welche dann hin und wieder leicht tiefer wurden, nur um dann etwas schneller in den davor geflöteten takt und tonhöhe zu kommen und dort wieder das Lied von neuem zu entfachen und ihren wunderbaren Gesang zu begleiten. Es hörte sich an, als würde ein ganzer Chro von irgendwoher aus dem Gebirge singen und nur ihre Stimmen würden bis hierher kommen und seinem Ohren schmeicheln, doch er sah sie direkt neben sich sitzen, da konnten es schlecht irgendwelche Chöre sein, welche sich irgendwo im Gebirge verirrt hatten, anscheinend konnte sie wirklich gut singen.
//Ich glaube wenn sie mir ein schlaflied vor singt, dann werd ich freiwillig schlafen, ob sie nun irre ist oder nicht, sie kann wundervoll singen und bei solch einer wunderschönen stimme, kann man nicht anders als sich zu entspannen// dachte er sich und tatsächlich merkte er, dass sein Flötenspiel nun etwas langsamer wurde und seine töne etwas länger gehalten wurden sich nun aber perfekt an ihr lied anschmiegten. Kurz zitterte er, weil ein leichter windstoß gekommen war. Sofort lies er wieder ein wenig feuermagie durch sich hindurchfliesen und es war wieder warm für ihn und wahrscheinlich würde sie auch ein wenig davon spüren, da er direkt neben ihr saß.

Tatsächlich bemerkte Shio, wie von Ketsumo plötzlich irgendwie mehr Wärme ausging, was sie zunächst etwas verwirrt dazu brachte, mit ihrem Gesang aufzuhören. Doch im selben Moment kam ihr wieder in den Sinn, dass er schon sein Würstchen in seiner Hand gegrillt hatte. Er beherrschte also wirklich Feuermagie, was Shio sehr interessierte.
"Wo hast du das denn gelernt? Deine Magie meine ich", fragte die junge Frau neugierig und sah ihn direkt an. Die Schlange war nun komplett verschwunden und auch das Echo ihres kleinen Liedes hatte sich gelegt.
"Ich hab meine ...drei Magiearten von meinem Großvater gelernt, auch wenn ich ein paar Kleinigkeiten schon als Baby konnte. Damals dachte ich mir nichts dabei, meiner Mutter zehn Sekunden lang einen Wasserstrahl ins Gesicht zu spucken oder meinem... Vater ...", seufzte sie plötzlich und riss sich zusammen, um kein Aufsehen zu erregen. Dann lächelte sie und fuhr fort.
"Ich hab ihm mit einem Pusten immer den Bart und seine Frisur durcheinander gebracht... Mutter lachte dann immer so lustig, dass ich das auch musste. Und dann irgendwann fand ich heraus, dass man damit noch mehr machen konnte..."
Nun schwieg sie völlig und vermochte es nicht länger, ihre Stimmung komplett zu verstecken. Sie sah in die Flammen, ihre Augen hatten einen feuchten aber noch nicht tränenträchtigen Glanz angenommen und in ihnen war eines klar und deutlich zu lesen: Schmerz.

Etwas enttäuscht hörte Ketsumo dann doch auf zu spielen, als er merkte, dass sie anfing zu reden. Er lächelte nur mitfühlend, und legte ihr dann danach etwas zögerlich eine Hand auf die Schulter. "Ähm ich weis zwar, dass es mich rein gar nichts angeht, aber.... ich denke dein Vater wacht über dich...." schnell zog er seine Hand wieder zurück und sah sie an, als er langsam aber sicher nachdachte.
"Meine Windmagie bekam ich erst sehr spät, erst vor einem Jahr glaube ich. Und naja Feuermagie, war die erste Magie, die ich erkannt habe, dass ich sie kann. Es war das erste mal gewesen, als ich mich von meiner Gang getrennt hatte und nun auf eigenen Füßen stand. Es war kurz vor Sonnenuntergang und es war schon ein leichter orangener Himmel. Ich war mal wieder in einer der Gassen unterwegs, in denen ich damals oft herumgelungert bin um über ein paar schwache herzufallen. Naja dann sah ich dort meine alte Gang und sagte sofort sie sollten ihr Opfer in ruhe lassen, denn ich wusste, dass sie zu hundert Prozent wieder einen unschuldigen kleinen Kerl in eine ecke gejagt hatten und ihn nun bedrohten. Sofort liesen alle von dem kleinen kerl los und kamen auf mich zu um mich zu umzingeln. "Na wen habenw ir denn da? Unser kleiner Hosenscheißer will uns etwas befehlen. Tarek halt den Kerl auf und zünde ihm eins über die Rübe!" Damit machte sich einer aus der Gruppe daran sich an den Kerl anzuschleichen, welcher gerade wegkriechen wollte und mit einem gezielten schlag von tarek lag der Kerl nun bewusstlos am Boden. "Verdammt lasst doch die Leute in Ruhe, sie haben euch doch gar nichts getan!", schrie ich damals. Sie lachten alle nur und ihr Kreis zog sich enger um mich, doch durch die reihen konnte ich sehen, dass Tarek sich einen spass daraus machte, den bewusstlosen weiterhin mit schläge und tritten zu spicken. "Ich sagte du sollst aufhören mit dem Scheiß tarek!" schrie ich, doch das einzige dass mir das einbrachte war ein Schlag ins Gesicht. Dort lag ich nun am Boden und auf einmal spürte ich da eine wut in mir hochlodern, wie ein feuer. Ich spürte erst wie meine Fäuste warm wurden und schließlich mein ganzer Körper und ehe ichs versah geschah dass hier...." er konzentrierte sich kurz wieder auf diese Szene und um seine Fäuste ehrum begannen nun Flammen zu züngeln. "Naja danach hab ich zwar 2 verdreschen können, weil sie darauf nicht vorbereitet waren, aber der rest von ihnen hat mich grün und blau geprügelt naja und das mit den Blitzen von mir.... das hab ich einmal durch zufall herausgefunden.... aber ich denke ich langweile dich sowieso nur, wen interressieren schließlich schon die geschichten von einem verbrecher wie mir...." sein gesichtsausdruck wurde traurig und sein blick war auf seine hand gerichtet, aber er war leer ohne jeglichen gefühle bis auf trauer vielleicht ein klein bisschen.

Anfangs wie beiläufig ( sie kannte ja solche Geschichten schon zur Genüge ) hörte sie der Geschichte Ketsumos zu, nicht einmal sonderlich interessiert, denn sie war gerade ganz in ihren eigenen Gedanken versunken. Dann aber bemerkte sie, dass seine Geschichte anders war als die der anderen. Er machte sich nicht zum Helden, gab sogar zu, ordentlich verdroschen worden zu sein. Das verwunderte die Jugendliche. Normalerweise standen sie doch alle immer als große Helden da, die das Böse besiegten und tausende Unschuldige gerettet haben, um es ganz großkotzig auszudrücken. Doch er tat das nicht. Verwundert und nun doch interessiert lauschte sie dem Rest seiner Geschichte, um dann ein nachdenkliches Brummen von sich zu geben und dann sofort schnell den Kopf zu schütteln.
"Neinnein! Es interessiert mich schon, sonst hätte ich dich doch schon längst unterbrochen, dass du die Klappe halten sollst!", berichtigte sie ihn rasch und mit erstmals leicht geröteten Wangen. Irgendwie stellte sich dieser Kerl zu oft als das fehlerhafte Opferlamm hin, wobei er kein bisschen danach aussah. Seltsam.
"Ich verstehe, dass du den Jungen retten wolltest... u-und dass du dich damals von diesen Dreckskerlen getrennt hast, da hätte ich es sicher auch nicht lange ausgehalten. Bei mir war es naja... nicht ganz so wie bei dir...", machte sie vage Andeutungen doch bei der ganzen sogar nicht künstlichen Freundlichkeit Ketsumos... sie wollte es nicht erzählen. Noch nicht.
"Naja, aber das war kein so schöner Tag, um es so zu sagen... Versteh das nicht falsch, vielleicht erzähle ich es dir ein anderes Mal... ist ehrlich nicht böse gemeint, ich meine... ich kenne dich noch gar nicht und..."
Mit Schreck in der Stimme bemerkte sie, dass sie ins Stottern gekommen war. Hastig hörte sie auf zu reden und fummelte in ihren Haaren herum, als wolle sie sie zurechtzupfen, wobei das gar nicht nötig war.
"Jedenfalls hast du Recht gehandelt. Tut mir Leid, falls ich als das böse Miststück angekommen bin, so bin ich immer zu... Fremden."

Überrascht lächelte der Junge, als sie anfing ihm sofort zu widersprechen und danach auch noch ins Stottern geriet. "Es ist in logisch, wenn du mich für einen fremden gehalten hast und ich denke es it gar nicht mal so schlecht, dann so zu handeln wie du, naja ohne das drauffallen vielleicht." grinste er breit zu ihr rüber.
"Aber nun gut, wenn du die Geschichte hören möchtest, wie ich zu meinen Blitzen gekommen bin gerne, aber ich sag dir eins, wehe du lachst..." er grinste sie an, sodass sie sich sicher sein konnte, dass er nichts machte, selbst wenn sie sich vor lachen kugelrund werden lies. "Naja es war vor ein paar Monaten. Es war gerade mal wieder eine Schlägerei gewesen, in der ich mal wieder verdroschen worden bin, aber wenigstens hab ich dem Opfer die Flucht ermöglicht. Manchmal wundere ich mich echt, wieso ich immer noch ne gerade nase habe... Aber ist ja nun auch egal. Also jedenfalls war ich gerade dabei wieder zu meiner Hütte zu gehen, also benutzte ich meine Windmagiefertigkeiten um dorthin zu gelangen, doch als sich sah, dass jemand meine Tür mal wieder eingetreten hatte kochte wieder wut in mir auf. Das erste was ich spürte war ein stechen, wie von einem elektrischen schlag. Ich sah mich um, doch niemand hatte mich angetippt oder sonstiges. Verwirrt darüber ging ich erst einmal in meine Hütte. Drinnen passierte mir dann wieder das selbe. Auf einmal hörte ich, wie meine Mikrowelle anging. Dann brannte auf einmal eine Lampe durch. Schnell rannte ich nach draußen, da ich dachte, jemand wollte sich einen Spaß mit mir erlauben, doch da war keiner. Auf einmal war da wieder dieses Ziepen. Ich hab mir also an den Kopf gefasst und mir dann durch die Haare gefahren, das mache ich des öfteren. Naja, das war dann der anfang vom ende. Ich geh also wieder zurück in Richtung stadt und da bemerkte ich, dass alle Leuten sich kichernd von mir wegdrehten, oder mit fingern auf mich zeigten und danach tuschelten, ich wusste nicht was los war, bis ich das erste schaufenster sah... Ich hatte einen affro. Meine Haare standen mir ab, als wäre ich vom Blitz getroffen wurden und als ich meine hand wieder ansah bemerkte ich auch wieso, es waren kleine blitze daran und erst da fiel mir ein, dass ich zuvor vergessen hatte, meine windmagie wieder freizulassen, als ich wütend wurde, kam dann meine feuermagie dazu und nunja, da stand ich nun mit zu berge stehenden haaren. es hat mich 3 tage gekostet, damit sie wieder so aussahen wie jetzt. war grauenvoll, das ganze gel und shampoo und was weis ich was ich da noch alles mit rein habe..." Ein breites Grinsen war auf seinen Lippen als er sie ansah. Er wusste von vielen Leuten, dass sie ihn damals gesehn hatten, aber bisher war sie die erste gewesen, die die ganze geschichte wusste.

Im ersten Moment stutzte Shio, als die Geschichte von Ketsumo geendet hatte. Anschließend biss sie sich auf die Lippen und gab ein leises, grunzendes Geräusch von sich, was beinahe ein lautes Prusten geworden wäre. Sie hatte genickt um zu zeigen, dass sie nicht lachen würde und sah das auch als Versprechen. Doch eben dieses Versprechen war kurz davor, gebrochen zu werden. Sie stellte sich gerade den jungen Mann mit Afro vor, wie das mit den Blitzen ausgesehen haben musste und wie seine Wohnung ihre eigene Art gezeigt hatte, wie sie auf seine Kräfte reagierte. Als sie sich innerlich dazu dichtete, wie es wohl aussehen würde, wenn er sich versuchte die Haare zu föhnen und dann wieder seine Magie ins Spiel kam, gab sie ein künstliches Husten von sich, um den Lachkrampf hinunter zu würgen.
"Ähm...ich hmpf.... ich ... hihi.... naja ähm... Naja, kann doch passieren. Es gab bestimmte Leute, die peinlichere Erlebnisse durchmachen mussten. Als ich zum Beispiel erst gelernt habe, meine Eismagie zu benutzen, ist auch so einiges schief gegangen... in meinem Zimmer war es andauernd kalt, einmal hat es sogar geschneit, als ich mich gebadet hab, ist das Wasser plötzlich gefroren und mein Großvater hat es mit Siegeln beklebt und Gebetskerzen um die Wanne aufgestellt, weil er dachte, ein Dämon hätte mich angegriffen. Und das splitternackt, glaub mir, die Kälte hat mir gar nicht gut getan. Ähm und...", gerade als sie weiter erzählen wollte, bemerkte sie jetzt erst, dass sie Ketsumo ein Erlebnis schilderte, in dem sie splitternackt war und ein leises Aufquietschen war die Folge.
"ÄHM UND SONST NOCH SO EINIGE KLEINE PEINLICHKEITEN, KANN JA PASSIEREN NICHT WAHR?!?!", stotterte sie und lachte übertrieben.

Als er sah, wie sie sich zusammenreisen musste, konnte er nicht anders, als sie anzugrinsen. Er wusste selbst, wie bekloppt er aussah mit einem affro udn wenn Leute sich soetwas vorstellten, dann konnte nur Schlimmes dabei herauskommen. Doch als sie mit ihrer Eismagieerzählung anfing, fing er zuerst an zu kichern doch dann begann er sich gedanken zu machen. //Wie sie wohl nackt aussieht?// Er sah sie verstohlen von oben bis unten an und lief sofort rot an. Ein schütteln von seinem Kopf folgte gleich danach. //Was denke ich denn da?! Reis dich zusammen... auch wenn ich gerne mit dem Großvater Platz getauscht hätte! Verdammt!//
"Äh... *hust* .... naja also ich wäre gerne.... äh ich meine... das war sicherlich nicht so toll...." Er wuschelte sich durchs Haar und sah verlegen zu Boden. Seine Gedanken schweiften immer wieder zu der Vorstellung ab, wie sie nackt in einer wanne lag. Schnell stand er auf. "ich geh mir....kurz die beine vertreten!" damit stand er so schnell es ging auf, stolperte kurz, rappelte sich dann sofort wieder auf und rannte ein paar meter weit weg, sodass er außer sichtweite war. Dann sah er an sich hinunter. Er sah zwar jetzt nichts, wegen seines Umhangs, aber wahrscheinlich hatte sie es sehen können. "Verdammte scheiße! warum sagt sie mir auch sowas? Jetzt kann ich mit sicherheit nicht mehr neben ihr schlafen weil ich sonst wieder dran denken würde auch du..... verdammt nochmal... aber wieso gefällt es mir dann acuh noch so gut.... scheiße!" er war etwas lauter geworden, was er erst jetzt bemerkte. Schnell setzte er sich auf den Boden und blieb dort erst einmal still und leise sitzen in der Hoffnung dass sie ihn nicht gehört hatte.

Fragend schaute sie Ketsumo hinterher, der eilig Fersengeld gab und irgendwo zwischen den Felsen verschwunden war. Sie dachte sich nichts weiter dabei, vielleicht musste er nur kurz für kleine Straßenrowdies, was bei Männern ja genauso oft vorkommen soll wie bei Frauen. Doch als er dann seltsame Dinge rief, die sie nicht ganz zuordnen konnte, legte sie den Kopf schief und machte ein leicht erschrockenes Gesicht. Langsam fühlte sie sich bestätigt, dass dem Kerl doch ein paar Schrauben unter der Haube, um es wie Ganoven auszudrücken.
"Ähm....ist alles in Ordnung bei dir?!", rief sie in die Richtung, in die er hin verschwunden war und zog sich die Knie enger an den Leib. Irgendwie fehlte eine bestimmte Wärmequelle, das Feuer hatte zwar gereicht, doch wärmer als das Feuer hergab, konnte ja nicht schaden, solange man sich nicht verbrannte.
"Hmm...vielleicht hat er sich irgendwie verbrannt...egal, warte einen Moment!"
Sie konzentrierte sich und versuchte, mit ihrer Magie die Luftfeuchtigkeit um sich herum zu greifen. Es war hier in den Bergen nicht sehr viel, doch für diesen kleinen Zauber würde es reichen. Sie holte ihre Wasserflasche heraus, schüttete davon so viel auf ihre rechte Handfläche, dass diese beinahe überlief und warf diese dann nach vorne. Die Wassertropfen flogen einige Meter weit, bis sie plötzlich zu kleinen kaum sichtbaren Eiskristallen gefroren, die dann tanzend zwischen die Felsen flogen. Doch dabei blieb es nicht. Die wenige Luftfeuchtigkeit in der Umgebung machte sich Shio zunutze, indem sie gedanklich diese um die Eiskristalle herum sammelte und in der Gegend, wo er vermutlich stand, ein kleines Schneegestöber niedergehen ließ. Es dauerte nicht lange, dafür reichte das "Material" nicht, was sie für den Zauber brauchte, doch in dieser Zeit gingen so einige Zentimeter Schnee in die Umgebung vom Himmel.
"Geht es jetzt besser?!"

Er hörte nur undeutlich was sie rief, da er mit sienen eigenen Gedanken beschäftigt war, doch als auf einmal um ihn herum ein schneegstöber anfing, stand er sofort auf und konzentrierte sich. Zuerst schmolzen die schneeflocken in seiner Umgebung, doch je mehr wut er in sich aufstaute, desto wärmer wurde es und dann lies er alles auf einmal frei. Eine Hitzewlle von etwa 3 Metern radius und 10 metern höhe schoss aus ihm heraus und ein schrei von ihm begleitete das ganze. Der Schnee war sofort zu wasser geworden, welches daraufhin einen wimpernschlag später verdampft war. Nun stand er schwer atmend in einem 3 meter radius aus blankem Fels. "Wer ist da?!" Er wusste, dass nur bei ihm dieser Schneezauber gewesen war, deshalb hatte er auch so stark reagiert, doch nun war er wachsamer. Schnell zog er seinen Stab und lies ein paar Blitze drumherumzucken. "Komm raus du verdammter Feigling! Ich bekämpfe niemanden mit Schneewehen aus dem Hinterhalt also komm raus und stell dich!"
Ein leises Rascheln war zu hören und sofort lies Ketsumo seinen Stab nach vorne Rauchen, was eine Klinge aus Blitz, welche gut und gerne 3 meter hoch war und ca 30 cm breit, auf das Geräusch los. Doch das einzige was er daraus hervorbrachte, war ein haufen zersplitterter Fels und ein Huhn, welches aufgeregt flatternd das weite suchte. Er steckte seinen Stab wieder weg und ging dann zurück zu Shio. Ohne ein Wort setzte er sich etwas weiter weg an den Rand der Kuhle und starrte hinaus Richtung Gebirge.

Shio hörte den Schrei und erschrak. Sie wollte ihm keinen Schaden zufügen, sondern nur helfen! Aber moment... das war doch kein Angriff gewesen, wieso fühlte er sich deshalb bedroht? Noch während sie diese Gedankengänge führte, kam Ketsumo zurück, setzte sich an den Rand der Kuhle und begann damit, die Gegend aufmerksam mit Blicken absuchte, als versuche er, einen unsichtbaren Feind auszumachen. Sein Gesichtsausdruck war dabei alles andere als friedfertig. Das Mädchen senkte den Kopf und sah betreten auf ihre Knie.
"Ich... ich wollte nur helfen", raunte sie leise, aber laut genug, dass Ketsumo sie hören konnte.
"Ich dachte, du hast dich versehentlich verbrannt und.. da dachte ich, wenn es schneit oder... regnet, dann kannst du deine Wunde abkühlen..."
Mehr sagte sie nicht, sondern begnügte sich damit, betreten in die Flammen zu schauen und dabei eine völlig neue Erkenntnis zu gewinnen. Es war nicht nur schlecht, sich auf Kerle einzulassen. Es war auch schlecht, etwas für sie zu tun, auch wenn sie ganz nett zu sein schienen. Doch sie war nicht wütend auf den Kerl; sie war wütend auf sich und genau dies war dieses neue und ungewohnte Gefühl, was sie verunsichert zusammenzucken ließ, als ein Windhauch über das kleine Lager fegte.

Verwirrt sah er sie an. "Es war dein Zauber?" Er klatschte sich auf die Stirn. "Na klar warst du es! Man ich bin so ein Idiot! Entschuldige, wenn cih dir angst gemacht habe oder sonst irgendetwas, ich dachte, es würde jemand uns angreifen wollen oder einer der Bandenmitglieder würde sich wieder einen schwez erlauben, entschuldige, dass ich gleich so ausgerastet bin. Darf ich.... darf ich mich wieder näher zu dir setzen?" Er wollte nicht durch die ganze Kuhle brüllen und zum anderen war bei ihr das Feuer, und hier am Rand war es außerdem nicht sonderlich warm. Er merkte, wie ihm immer wieder die Augenlieder zufielen. Die beiden angriffe von zuvor und das ganze Zaubern hatten ihm viel Kraft gekostet, wahrscheinlich müsste er doch schlafen.
Er stand auf und ging zu ihr hin, dann nahm er seine Stange vom Rücken und legte sich auf den felsigen Boden. Einde decke oder dergleichen hatte er nicht dabei, er hatte auch nciht wirklich damit gerechnet, dass jemand auf ihn drauffallen würde und dass er nun mit ihr die Nacht verbringen würde. "Bevor ich noch mehr anrichte, überlasse ich es lieber dir, wache zu halten, wahrscheinlich bin ich noch ein wenig wach, also wenn du dich unterhalten willst werde ich gerne dein gesprächspartner sein, aber wenn nicht, dann werd ich eifnach nur hier liegen bleiben und hoffen, dass du wirklich so nett bist, wie du auf mich wirkst...." Er war total erschöpft und schloss auch sofort die augen, nachdem er seinen Kopf auf seine Tasche gebettet hatte.

Jetzt war es offiziell zu sehen: Shio lief feuerrot an. Schon oft hatte sie Komplimente dieser Art gehört, wie gut sie aussah, wie freundlich sie war und was für unglaubliche Augen sie hatte. Aber das hatte sie nie hören wollen. Das brauchte sie nicht, Schmeicheleien und Worte, die sie in den Himmel hoben... nur die Wahrheit über Gefühle und Aufrichtigkeit. Und auch wenn sie dieses Kompliment in dieser Art in etwa schon einmal gehört hatte, so wirkte sich das von Ketsumo erheblich anders aus als erwartet. Es war jedes Wort ernst und ehrlich gemeint. Nun ja, natürlich konnte Shio nett sein, also waren die anderen Sprüche auch wahr gewesen. Aber nicht die Wahrheit, die Shio hören wollte. Und Ketsumo hatte einmal, wirklich nur dieses eine Mal bis jetzt das gesagt, was Shio wirklich hören wollte.
"O-oh....natürlich darfst du liegen bleiben, spricht doch ni-nichts dagegen. Nein, schlaf ruhig, wir können ja morgen über irgendwas reden, wenn wir ausgeruht sind. Ich wecke dich, wenn ich schlafen will... Und... Danke, du bist auch nett..."
Mehr brachte sie nicht zustande und schluckte den dicken Klos, der in ihrem Hals steckte, hinunter. Es dauerte mindestens zehn Minuten, bis sie sich innerlich wieder beruhigt hatte und schloss die Augen. Irgendwie war ihr wieder danach, ein wenig zu singen, doch aus Müdigkeit heraus summte sie nur eine sanfte Melodie, die träge in der Luft hin und her schwirrte.

Ein Lächeln schlich sich auf Ketsumos Züge, als er hörte, dass es ihr anscheinend gefiel, dass zu hören, und das sie dieses Kompliment auch sogleich zurückgab. Erst suchte er sich alle paar Minuten eine neue Lage in der er schlafen konnte. Am Ende lag er mit dem Gesicht zu ihr den Körper richtung Feuer und schickte noch einmal eine kleine Ladung feuermagie durch sich hindurch. "Gute nacht..." Danach schloss er die Augen und war überrascht, aber irgendwie auch glücklich darüber, als sie auf einmal anfing zu singen. Er merkte wie seine gesichtszüge sich entspannten und wie er merkte, dass er leichter wurde, der Boden war nun weich und warm, statt kalt und steinig. All die kleinen steinchen konnte er nun ignorieren ohne sich wirklich anzustrengen. "Danke..." war das letzte was er sagte, ehe er mit einem leichten Lächeln auf den Lippen einschlief.

Sie beobachtete Ketsumo skeptisch, aber zunehmend "normaler", als er eingeschlafen war. Er sah nicht sehr viel anders aus als die anderen Kerle, die sie kennengelernt hatte. Nicht gerade als hässlich anzusehen, doch ein mieser Charakter und nur die Gedanken im Kopf, von denen Shio anfangs überhaupt nichts wissen wollte. Aber dieser Ketsumo schien irgendwie anders zu sein als die anderen. Weder aufdringlich noch übertrieben freundlich, die Wahrheit sagend und irgendwie respektvoller. Oder war es Angst? Letzten Endes war es egal, er achtete sie, aus welchem Grund auch immer. Vielleicht war es ja doch möglich, einen guten Freund in einem Kerl zu finden? Jedenfalls saß sie lange Zeit, sicher zwei Stunde da, betrachtete ihn und wägte ab, wie sie ihm sagen sollte, dass sie ihn zumindest so weit kennenlernen wollte, sodass man sagen konnte, er war ein guter Freund. Oder war dieser Gedankengang schon wieder falsch und sie dachte zu viel? Er lag doch nur da, mehr nicht! Ein paar nette Worte zwar aber... Sofort brach sie den inneren Zwist ab, als sie etwas vor sich knacken hörte. Ihre Augen zogen sich sofort misstrauisch zusammen und sie spitzte alarmiert die Ohren. War das nur das Feuer, das einen weiteren Ast zusammenbrechen ließ? Sie spähte angespannt nach vorne, versuchte die Dunkelheit, welches Feuer nicht lichten konnte, zu durchschauen. Doch da war nichts. Sie war gerade dabei sich zu entspannen, als sie ein weiteres Geräusch hörte; diesmal über sich, als ob etwas über Stein scharrte, in der Hoffnung, nicht bemerkt zu werden. Vorsichtig, ohne irgendwelche Hektik zu zeigen, blickte sie nach oben und konnte gerade noch erkennen, wie ein Schatten aus ihrem Blickfeld zischte, etwa menschengroß und auf vier Beinen unterwegs. Fieberhaft überlegte sie, von wo das Tier kommen konnte und da Ketsumo ohnehin schlief, beschloss sie, diesen vielleicht brutalen aber eventuell notwendigen Plan durchzuführen. Sie wollte nicht, dass der junge Mann das sah und sie falsch einschätzte... nur eben das konnte sie am besten, und Judo würde gegen eine Kreatur wie diesen Schatten wohl doch nicht helfen. Langsam griff sie nach der Wasserflasche und schraubte sie umso träger auf, bis plötzlich der erwartete Angriff kam. Mitten aus den Schatten zischte eine massige Gestalt von rechts heran, setzte geradewegs auf den schlafenden Ketsumo zu, doch die typische Jagdstrategie der Raubtiere wurde diesem zum Verhängnis. Ketsumo galt als der Schwächste im Moment, also sprang der schwarzgraue Wolf mit gefletschten Reißzähnen auf diesen zu, als Shio mit aller Kraft reagierte. Zuerst wischte sie mit der freien Hand einmal einen langen Bogen vor sich, der sofort zu wabern begann und dem heransausenden Tier frontal in die Seite krachte. Erschrocken und schmerzhaft winselnd krachte das übernatürlich große Tier zu Boden, sprang auf und knurrte die junge Frau markig an, die mit kalten Augen aufstand, die Flasche in der Hand.
"Du wirst ihn dir nicht holen, Mistvieh... ich passe auf", brummte sie leise und festigte ihren Stand. Doch der Wolf dachte gar nicht daran, auf sie zu achten sondern hetzte sofort auf den jungen Mann zu, ohne auch nur ein allzu lautes Geräusch machen. Nun begann der "Spaß": Shio packte die Flasche und schüttete sie dem Monstrum frontal ins Gesicht, worauf dieses geblendet über Ketsumo hinweg sprang. Umgehend griff die Magie Shios an und das Wasser im Fell verhärtete sich zu einem Mantel aus Eis, der dem Angreifer kurz den Atem raubte. Sofort sandte die Frau mehrere kleine Luftklingen los, die das Eis splittern ließ und einige schmerzhafte Schnittwunden hinterließen. Gerade als der Wolf aufbrüllen wollte, erstarrten die Splitter, reckten sich gegen das Tier und durch einen Schlenkerer ihrer Hand bohrten sich diese zum Teil dolchlangen natürlichen Waffen tief in das Fleisch des Wolfes. Blut sprühte aus dutzenden Wunden, ein schmatzendes geräusch heraustretender Geschosse war zu hören und förmlich in seine Einzelteile zerstochen ging der Wolf, welcher nur mehr ein zerstochener Fleischklumpen war, zu Boden. Durch dieses markerschütternde Brüllen mussten selbst Tote aufwachen. Glücklicherweise war das Blut nicht bis zu ihnen hinüber gespritzt. Keuchend vor Anstrengung ging Shio in die Knie, der Zauber war stark, aber daher zu viel gewesen.

Ketsumo merkte am Rande, dass sich etwas bewegte, und dass Shio irgendetwas sagte, aber er war noch zusehr verschlafen, als dass er etwas hätte tun können. Doch als auf einmal ein Brüllen die Stille zeriss, sprang er sofort auf und sah sich panisch um. Um seine Fäuste kringelten sich bereits Blitze, obwohl er noch ziemlich wackelig auf den Beinen stand und mehr aufmerksamkeit brauchte um sich aufrecht zu erhalten, als dass er auf seine Umgebung sah. Doch dann sah er es. Ein rieseiger Wof lag in einer sich rasch ausbreitenden Blutlache, kleine Löcher an den Flanken und Shio stand nicht weit von ihm entfernt und schnaufte ziemlich. Sofort ging er zu ihr hin und lies ein wenig Feuermagie durch sich hindurchfliesen. Dann legte er ihr eine hand auf die Schulter. "Alles in Ordnung bei dir?" ein leicht panischer unterton war in seiner stimme und sogar Sorge schwang mit. "Ist dir was passiert?" Er sah zu dem riesigen Ungetüm welches still und reglos in der Ecke lag. "Anscheinend ist es hier doch nicht so ungefährlich wie ich dachte.... Danke.. Ich glaube ich verdanke dir soeben mein Leben." Erst sah er sie etwas unschlüssig an, doch dann umarmte er sie schnell und nur ganz kurz, so wie wenn man jemanden erst seit kurzem kennt und sich dann wieder von ihm verabschiedet. "Ich denke es ist besser wenn du jetzt schläfst, zwar zweifle ich nicht daran, dass du jederzeit noch einen von diesen Biestern zur strecke bringen könntest, aber ich denke, es wäre besser, wenn du dich erst einmal ein wenig hinlegst. Ich weis es selbst, wie anstrengend und Kräftezehrend die Magie sein kann und wenn ich mir das Biest so ansehe, hast du ganze arbeit geleistet." Er lächelte ihr aufmunternd zu und nahm nun auch wieder seine Hand von ihrer Schulter. "Leg dich am Besten zum Feuer ich werd es etwas größer machen, dass hält uns bestimmt die lästigen kleineren Tiere vom hals." Damit ging er von ihr weg, richtung Feuer und schichtete langsam immer mehr Holz in die Glut, bis das Feuer groß und breit vor sich hinzüngelte. "Gut ich denke dass sollte reichen. Leg dich einfach hin, wenn du willst, kannst du meine Tasche haben, und ich werd erst mal sehen, was man aus diesem Wolf noch so rauskriegt und entsorge ihn dann." damit ging er langsam richtung Wolf und holte ein Messer heraus, welches er unter seinem Umhang am Gürtel getragen hatte.

"Es... es geht schon", ächzte Shio ein letztes Mal, ehe sie sich aufrichtete und tief durchatmete. Schon lange hatte sie ihre Kräfte nicht mehr so stark und auf diese Weise anwenden müssen. Doch ihm war nichts passiert und aus irgendeinem ihr unbekannten Grund freute sie sich darüber. Die Teenagerin war tatsächlich so erschöpft durch die Magie, dass sie nur nickte, um Ketsumo zu zeigen, dass sie seine Worte verstanden hatte und sich daraufhin wirklich etwas näher ans Feuer setzte. Sie hatte nicht wirklich vor, ihm dabei zuzusehen, wie er dieses Vieh auseinandernahm, also schloss sie rasch die Augen und versuchte, so schnell wie möglich einzuschlafen. Dankbar nahm sie auch seine Tasche an, die sie sich als Kissen unter den Kopf schob. Ihre Haare ließ sie so, wie sie waren, sie würde eh bald nach Hause kommen und dann erst einmal drei Stunden im Bad bleiben. Sie zweifelte nicht daran, dass es mehr werden würden.
"Sag mal....", murmelte sie plötzlich, da ihr gerade ein nicht so abwegiger Gedanke kam.
"Du hast gesagt, deine alte Gang hasst dich und du hast dich mehr oder weniger alleine durchgeschlagen. So klingt es zumindest auch im Fernsehen, wenn man dich gejagt hat. Der Streuner, der nur Ärger macht und völlig alleine kommt und geht... und mit wem feierst du dann deine Party?"

Ketsumo war gerade dabei gewesen so gut es ging, Zähne aus dem Maul des toten Wolfs zu schneiden, als ihn unvermittelt shios frage traf. Er hörte auf mit dem was er gerade tat und starrte das tier vor sich an. "Naja. Damals hatte ich Freunde mit denen ich feiern konnte und ein paar von denen waren keine Gangmitglieder. Ich habe immer noch die Hoffnung, dass ein paar Leute kommen, die mir vielleicht helfen könnten mit arbeit oder wenigstens einem dach über dem Kopf, deshalb sage ich immer wieder es gibt eine Party, doch bis jetz waren meist nur Leute da, die sich durchgefressen und gesoffen hatten und am ende dann meiner alten Gang verraten haben wo ich derzeit gewohnt habe, und letzten Monat haben sie dann mein Haus endgültig dem erdboden gleich gemacht." Er fing nun wieder an die einzelnen Zähne aus dem Wolf herauszuhacken. "Jetzt muss ich meist in der Gasse schlafen, aber so schlimm ist das gar nicht, wenn du nichts hast, was man dir stehlen kann, was von wert wäre, dann lassen dich die meisten, nach ein paar schlägen und tritten auch wieder in Ruhe. Naja und tagsüber sucht man sich eben irgendetwas mit dem man sich wenigstens etwas zu essen leisten kann und glaub mir, nach 3 tagen schmeckt selbst müll ziemlich lecker..."

Shio legte den Kopf schief und kniff ihr linkes, dem Boden zugeneigtes Auge zu. Das machte sie immer, wenn sie überlegte und erst damit aufhören würde, wenn ihr eine Lösung eingefallen war.
"Ich glaub, da kann ich dir helfen", sagte sie plötzlich und grinste.
"Mein Großvater hat mal in einem Büro in der Stadt gearbeitet, wo er viel mit Leuten zu tun hatte. Jetzt kennt er unzählig viele Leute, mit den meisten davon versteht er sich gut. Vielleicht kennt er jemanden, der dich bei sich wohnen lässt, oder dir zu einer neuen Wohnung oder so helfen kann. Komm auf jeden Fall nach dem Herumgestolper hier mit zu mir. Er wird sich freuen, mal wieder einen Nutzen aus seinen Bekanntschaften ziehen zu können. Er ist etwas seltsam drauf manchmal, wie du schon.... ähm gehört hast. Aber er ist ein sehr netter Mann. Er war es auch, der mir Judo und Karate beigebracht hat, die Schriftrollen für die Übungen mit Magie hat er mir auch geschenkt."
Danach setzte sie sich etwas aufrechter hin um über das Feuer blicken zu können. Sie wollte sehen, wie er auf diese Frage reagierte. Bis jetzt hatte jeder Kerl sich Hals über Kopf auf sie gestürzt und geschwärmt, dass nun ein Traum für ihn warm würde und dass er standhaft und treu an ihrer Seite bleiben würde. Wobei ihr immer die Betonung auf standhaft aufgefallen war.
"Was sagst du dazu? Er wird dir sicher helfen können."

Ungläubig drehte sich der Junge um. "Du meinst es ernst oder? Denn wenn du mich verarscht hast, dann weis ich nicht, was ich noch tun kann um dir zu helfen und um mich vor meinem ende zu bewahren. Aber wenn du wirklich, allen ernstes..." Er stand auf und hielt dabei, das blutige messer in der Hand und schritt auf sie zu "mir helfen willst...." er stand direkt über ihr, dann lies er sich auf einmal auf die knie fallen und legte seinen kopf vor ihr auf den Boden, dass messer lies er achtlos auf die seite fallen. "dann stehe ich auf ewig in deiner schuld." Ein paar Tränen waren ihm nun in die augen gekommen. Er hob seinen Kopf wieder und sah sie mit einem lächeln an. "Du weist gar nicht, wie sehr du mir damit hilfst. Selbst wenn es nicht klappen sollte, so weis ich doch, dass ich wenigstens die Chance dazu hatte... und das wenigstens noch ein paar Leute aus dieser stadt nicht total verkümmert und grausam sind, sondern auch nett und freundlich."

Etwas überrumpelt und perplex wurde sie aus dem Nachdenken gerissen, da das was Ketsumo tat in kein Profil der Männer stand, die sie bisher kennengelernt hatte. Zögerlich tätschelte sie ihm also kurz den Kopf und sagte ziehmlich verunsichert: "Ah...ja...i-ist schon gut, du musst dafür nicht sowas bringen, keine Sorge, ein Danke reicht mir völlig! Jetzt aber sollten wir beide etwas.... schlafen."
Wieder hatte sie nicht vor, in seiner Gegenwart wirklich einzuschlafen, doch zwei Aspekte spielten dazu, dass sie zumindest ein wenig dösen konnte. Erstens, sie war total erschöpft durch den Eiszauber und zweitens nagte ein unerklärlicher Gewissensbiss an ihr, ihm nicht direkt zu sagen, dass sie nicht schlafen würde. Sie wusste nicht, woher es kam, doch sie hörte einfach darauf und schloss wirklich die Augen. Seltsamerweise verschwand dieses beklemmende Gefühl, beobachtet zu werden und die Angst, gleich angesprungen zu werden. Aus irgendeinem Grund war sie sich fast sicher, dass Ketsumo das nicht tun würde.