Das Karijama-Anwesen

Kenturo legte den Kopf schief.
"Junge, glaubst du ernsthaft, ich schicke dich unvorbereitet in eine Gebirgsregion, wo alle möglichen Gefahren lauern! Selbstverständlich bekommst du alles, aber du solltest dich vorher von Shio und Leona verabschieden. Ich glaube, beide können dir etwas geben, was dir die Reise erleichtert", fügte er grinsend hinzu und holte eines der Schmuddelhefte hervor.
"Und nun geh... ich muss ääääähm meditieren. Bewusstseinserweiternde Handgelenksauflockerungen", brummelte er und schickte seinen Schüler mit einer Handbewegung fort.
"Auf dass dein Weg mit Erfolg beglückt sei! UUuuuuuuh man sind das riesige... Chancen, dir diese Techniken beizubringen, jaja, ich bereite hier einiges für dich vor!!!"

Er ging zur Schiebtür, schob diese auf, trat auf den Gang hinaus und drehte sich noch einmal um. "ich danke euch, sensei." damit verbeugte er sich und schloss dann die schiebetür.
So wie er angezogen war ging er nun zuallerst in die Küche, holte sich dort ein Glas und schenkte sich leitungswasser aus dem wasserhahn ein. Schnell war das erste Glas geleert und dem folgte ein zweites, während seine gedanken schon darüber schwiften, was er ihr nun aus dem Bernstein machen konnte.
Dann fiel es ihm ein. "Ein armband..." murmelte er leise zu sich selbst und stellte dann sein Glas verkehrt herum in die Spüle, ehe er sich nach leona und Shio umsah um ihnen von seiner "Trainingsreise" zu erzählen.

Ketsumo fand die beiden Frauen, als sie in der Küche saßen und bereits das Mittagessen zubereiteten. Die Zeit, die er bei seinem Meister zugebracht hatte, schien sehr viel schneller als erwartet vergangen zu sein. Shio warf ihm einen Blick zu der gemischt war mit der Freude, ihn wieder zu sehen, und der Warnung, jetzt ja keine Bemerkung über das zu machen, was sie gerade tat. Etwas überdeutlich ließ sie das Küchenmesser auf die unangetastete Gurke sausen. Die Spitze fiel sauber abgetrennt aufs Brett.
"Hallo, mein Lieber!", flötete Leona glücklich, ihren vermeintlichen Schwiegersohn zu sehen.
"Wie war das Training? Hm? Was ist denn los, du siehst so beschäftigt aus?"
Auch Shio warf ihm nun einen normalen Blick zu und legte den Kopf schief.
"Hast du etwas?", fragte sie ihn und setzte den "Wehe, du lügst mich an, du wirst es bereuen wenn ich es herausfinde"-Blick auf.

Er war froh, als er die beiden gleich darauf sah, wie sie in der Küche arbeiteten. Gerade als er einen Kommentar zu Shios Kochkünsten abgeben wollte, lies sie ihr Messer auf eine Gurke hinabsausen und damit war es auch mit seinem Kommentar vorbei.
"Äh..äh..." er starrte immer noch leicht verstört dass Küchenmesser in Shios hand an. "ich... ich brauche warme Kleidung und ein wenig Proviant ich muss auf eine... Trainingsreise in gewisser weise gehen. Kann ein paar tage dauern. Zum Nachdenken und meditieren und so..." stammelte er zusammen, den Blick dabei immer noch leicht panisch auf das Messer gerichtet. "Und deshalb wollte ich fragen, ob ihr mir bitte all das so schnell wie möglich geben könntet, damit ich gleich nach dem Mittagessen losziehen kann." Er grinste Shio entschuldigend an, doch sein Blick glitt wieder wie von selbst, zu dem Messer in ihrer hand. "Kocht ihr beide zusammen heute das Mittagessen? darf ich auch etwas helfen?"

Shio sah ihn eine Zeit lang prüfend und kritisch an. Log er? Sagte er wirklich die Wahrheit? Als ob sie in seine Gedanken blicken könnte, beobachtete sie ihn etwas länger, bis sich ihr Gesicht aufhellte und sie wieder zu lächeln begann. Auch Leona mischte mit.
"Aber natürlich, Liebling! Ich suche dir sofort ein paar passende Klamotten und pack dir ein paar Pausenbrote ein!"
Schon war sie verschwunden und es wurde still im Zimmer.
"Hm...du reist also ab?", murmelte Shio wieder ernst und vermied es einige Sekunden, ihn anzusehen. Er würde weg sein. Und das für ein paar Tage. Sie ließ das Messer los, legte es auf den Tisch und machte dann einen Satz auf ihn zu. Ihn umarmend lehnte sie ihren Kopf unter sein Kinn.
"B-bitte pass auf dich auf, ja? Und... und komm bitte...bald wieder zurück. Und mach nichts, was dich in unnötige Gefahr bringt, ja?!", schluchzte sie und drückte sich an seine Brust. Es war ihr egal, was sie alle von ihr denken könnten, was er von ihr denken konnte. Sie waren nicht zusammen, doch sie spürte, dass ihr diese Berührungen gefielen und das Gefühl, jemanden zu mögen, die Freude, wenn jemand wiederkehrte und das Gefühl, jemandem etwas gutes zu tun, wenn man folgendes tat.
"Pass auf dich auf", raunte sie und drückte ihm einen Kuss auf die Wange. Kurz darauf überlegte sie es sich noch ein letztes Mal. Und ließ einen auf den Mund folgen.
"KIIIINDEEER! Ketsumo, hier sind deine Sache und deine Mahlzeiten, ich habe noch etwas in der Kammer gefunden, es wird dir schmecken!", trällerte es vom Flur her und sie löste sich mit einem entschuldigendem Lächeln von ihm. Es mussten ja nicht alle sehen, dass sie das eben für ihn getan hatte. Nur für ihn.

Ketsumo lächelte entschuldigend und sah dann Shio etwas traurig an. "naja irgendwie muss ich es ja schaffen, dass du mich nicht rausschmeist, da geh ich lieber schnell selbst... und komme dann wieder.." er sah sie nun lange an und schon war sie wieder in seinen armen.
Er konnte sie wieder spüren, ganz nah an sich und lies seinen kopf auf den ihren sinken. "ich komme wieder, so schnell ich kann, und dann wirst du dich doppelt freuen, das verspreche ich dir." sagte er und lies sie nun wieder aus seiner Umklammerung entkommen. Lange sah er sie an, doch dann kam erst ein Kuss auf seine wange, was ihn leicht lächeln lies und dann einer auf seinen Mund, was ihn seine augen aufreisen lies. Küsste sie ihn etwa schon wieder? Es freute ihn ungemein, dass sie das tat, genau deshalb fand er es auch so schade, als sie sich dann weider von ihm löste.
"Ich komme sofort!" schrie er Leona hinaus und packte Shio schnell am Handgelenk. Er wusste dass er, für das was er nun tat, alles zunichte machen konnte, aber er tat es trotzdem. Er zog sie zu sich heran und umarmte sie, ehe er sanft und zärtlich noch einmal kurz seine Lippen auf die ihren presste. "ich bin bald wieder zu Hause, versprochen..." damit löste er sich schnell von ihr um nicht doch noch eine geklatscht zu bekommen und trat dann hinaus auf den Flur um von leona den Rucksack entgegenzunehmen.
"Danke Leona, bis in ein paar Tagen." Damit sah er noch einmal entschuldigend zu Shio, umarmte kurz Leona und marschierte dann hinaus aus dem haus und den weg entlang. Ein waschechter Samurai, mit Turnschuhen, so musste er im Moment aussehen.

Shio stand wie festgewurzelt da, an genau der Stelle und unbewegt, wo Ketsumo sie geküsst hatte. Zu küssen war eine Sache. Aber geküsst zu werden, das unterschied sich von Ersterem wie die Nacht vom Tag. Beides schön aber gründlich verschieden. Sie sah völlig perplex zum Durchgang, der in den Flur führte und als sie hörte, wie er sich von ihrer Mutter verabschiedete, berührte sie mit ihrer rechten Hand ihren Mund, als wolle sie sich vergewissern, dass Ketsumos Lippen sich dort nicht mehr befanden.
"B-bis.....später....", entwich es ihrem Mund, den sie erst jetzt wieder bewegen konnte. Er hatte sie geküsst. Hatte er?... Nein, hatte er nicht... oder doch? Als die Erkenntnis sich in ihrem Hirn breitmachte, war es, als würde sich ein Staudamm in ihr lösen. Ein spitzes Quietschen hallte durchs Haus, Glöckchen, der eine Spinne am Speicher jagte, hetzte senkrecht in die Luft und krallte sich in den Dachbalken; Kenturo, der ebenfalls aus dem Dojo erschienen war, um seinen Schüler zu verabschieden, hielt sich die Ohren zu. Nur Leona, die ihrem Schwiegersohn (?) hinterhersah, schien dagegen immun zu sein und lächelte verzückt. Shios Hautfarbe konnte man nicht mehr von der feuerroten, scharfen Soße unterscheiden, die sie hatte, während sie durch die Küche wirbelte, ihre Unterlippe zerfleischte und wahre Haken um den Tisch, am Fernseher vorbei bis zum Kühlschrank trug. Fieberhaft suchte sie und wühlte in den kühlen Leckereien, bis sie fand, was sie suchte. Quietschend nahm sie eine Coladose heraus, trank sie ohne abzusetzen und hämmerte dann einmal kräftig mit der Stirn gegen das Metall, welches sich sofort bog und so platt wie eine Münze wurde. Da das aber noch nichts half, rannte sie zur Spüle, tauchte kurzerhand ihren Kopf in das frisch eingelassene Wasser und erst die Hitze, welche sie umspielte, neutralisierte den inneren Sturm. Zischend tauchte sie wieder aus der Spüle auf, atmete schwer und schluckte schwer. Nein, es war kein Traum gewesen. Er hatte sie tatsächlich geküsst. Seufzend fiel sie haltlos nach hinten in ihr Sitzkissen, zuckte leicht mit den Augenwinkeln und gab ein verzücktes Kichern von sich, was irgendwann in einen lauten Schrei ausuferte, der jedoch nicht aus Leid und Trauer war. Er war aus Freude und Sehnsucht, gefüllt mit dem Wunsch, ihn bald und gesund wieder zu sehen.

weiter mit Ketsumo in: https://tsuki-ga-deru.forumieren.com/t69-steinwald